Am Montag, 19.03.2018 fand im Paul-Löbe-Haus des Bundestages eine Veranstaltung mit dem Titel: „Akzeptanz der Windkraft vor Ort stärken – neue Modelle in der Debatte“. Einerseits, um mich mit dem aktuellen Stand der Diskussion in der Politik vertraut zu machen, andererseits aber auch, um der Politik das Modell der Bürgerbeteiligung näher zu bringen, nahm ich an der Veranstaltung teil. Gerade bei der Linken nahm ich an, dass man interessiert sein würde an der Sichtweise derer, die vom grassierenden Ausbau der Energieerzeugung durch Windräder betroffen sind. Von wem sonst sollten die Damen und Herrn Politiker denn erfahren, wie man die Akzeptanz für die Energiewende erhöhen kann?
Im Podium saßen neben dem einladenden Bundestagsabgeordneten Herrn Lorenz Gösta Beutin und seiner Referentin Frau Cornelia Uschtrin, Herr Ralph Lenkert (ebenfalls MdB), Prof. Dr. Thorsten Beckers, Ralf Ott, TU Berlin und Dr. Gert Rosenkranz, Projektleiter Agora Energiewende. Angekündigt war eingangs eine Aufteilung zwischen Fachgespräch und Diskussion 50/50. Weitestgehend einig waren sich die eingeladenen Experten darin, dass es vor allem um finanzielle Anreize und Ausgleich zu gehen habe. Die Frage einer im Publikum sitzenden Wissenschaftlerin, warum man denn stets nur über Geld rede und sich gar keine Gedanken um die nicht zu bezahlende Verminderung der Lebensqualität der Betroffenen mache, wurde schlicht ignoriert. Ganze 40 Minuten waren es am Ende, die für die vorgesehene Diskussion noch übrig waren. Und auch für diese Zeit forderte die Veranstaltungsleiterin Frau Cornelia Uschtrin nachdrücklich dazu auf, Fragen zu stellen. Der einladende Herr Beutin weilte zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr im Podium.
Als ich dann endlich dazu kam, meine Frage vorzubringen, warum denn eine Partei wie die Linke dazu antrete, Akzeptanz zu schaffen für eine der größten Kapitalumverteilungsaktionen seit dem zweiten Weltkrieg, wurde mir schlicht das Wort abgeschnitten und ich als Klimawandelleugner diffamiert. Später konnte Herr Dr. Rosenkranz ganz offen davon sprechen, dass es nun einmal immer um Kapitalinteressen gehe, wenn man von Energie spreche. Bürgerinitiativen diffamierte er als professionelle Verhinderer der Energiewende. Herr Prof. Beckers und Herr Kunze konnten ganz ungeniert einer alternativlosen Monetarisierung von Landschafts- und Naturschäden das Wort reden, während Frau Uschtrin und Herr Lenkert andächtig zuhörten. Bürger kamen nur vor als die, denen man das Gefühl zu geben habe, eingebunden zu sein. Als ich Herrn Dr. Rosenkranz nach dem Sinn dieser Einbindung fragte, stellte er klar, dass diese natürlich kein Mitbestimmungsrecht haben könnten, da ja gesetzlich alles längst eindeutig sei.
Mit einem starken Eindruck davon, wie sich einige Vertreter linker Bundespolitik Bürgerbeteiligung und die Regulierung von Kapitalinteressen vorstellen, verließ ich kurz nach 18:00 Uhr die Veranstaltung. Wer, wenn nicht eine große und starke Oppositionspartei soll denn den Raubbau des Kapitalismus an Mensch und Natur stoppen?! Vielleicht nur die Bürger selbst.
Deswegen hier nochmals mein Appell an Die Linke: Hören Sie auf, den BürgerInnen etwas weismachen zu wollen und hören Sie stattdessen zu! Besinnen Sie sich auf Ihre linke Tradition und entlarven Sie Kapitalinteressen, statt ihnen ein grünes Kleid umzuhängen!
Als Bürger von Carzig sind wir auch weiterhin daran interessiert, mit der Politik in einen konstruktiven Dialog zu treten, belehren oder diffamieren lassen möchten wir uns aber nicht mehr.
Stefan Hellert